Viele Eigenschaften, die früher in der Schule gelehrt und von der Gesellschaft den Kindern und der Jugend vermittelt wurden, haben heute keinen ausreichenden Stellenwert mehr. In der Folge kommt es deshalb oft zu Konflikten und Frustration, weil Erwartungen nicht erfüllt werden. Jammern bringt uns keine Lösung! Es liegt an uns, in unserem Wirkungskreis die Situation zu verbessern und die Jugend bei ihrer Entwicklung und Vorbereitung auf das Leben zu unterstützen. Die Erfahrungen in vielen Vereinen zeigen, dass ihr weit mehr zuzutrauen ist als oft angenommen wird. Mit diesem Artikel möchte ich die Amtswalter und Vorturner ermutigen, in die Zukunft ihrer Vereine zu investieren!
Die Jugend:
- Bindet sie aktiv in eure Vereinsplanung und Arbeit ein!
- Übertragt ihnen Aufgaben, die ihr mit ihnen genau besprecht, und lasst sie diese eigenverantwortlich umsetzen!
- Ermöglicht ihnen eine gute Ausbildung!
- Ermöglicht ihnen das Erleben unserer Gemeinschaft bei Wettkämpfen, Lagern und Veranstaltungen!
- Akzeptiert, dass Fehler passieren, unsere Gemeinschaft ist ihr Sicherheitsnetz!
- Lasst ihnen Raum für ihre Ideen!
- Schätzt ihren Einsatz und zeigt es ihnen!
Motiviert die Jugendvorturner:
- Erfragt ihre Ideen und Anregungen bei regelmäßigen Treffen!
- Trefft euch auch außerhalb der Turnstunden!
- Ladet sie zu erweiterten Turnratssitzungen ein!
- Entwickelt mit ihnen ein Vorturner T-Shirt!
- Organisiert gemeinschaftsbildende Veranstaltungen!
- Lobt sie persönlich, aber vor allem auch vereinsöffentlich!
Vom Vorturner-Helfer zum Jugendwart
Bereits in den Kinderturnstunden und ganz besonders bei Vereinswochenenden und Sommerlagern ist gut zu erkennen, welche Kinder soziale Kompetenz haben und sich gerne als Helfer anbieten. Diese Kinder sind stolz, wenn sie mehr machen dürfen, als nur zum Turnen zu gehen, und zumeist unterstützen sie euch mit viel Freude und Begeisterung. Bei unserem Vereinswettkampf in Liesing z. B. hatten wir so viele Kuchenspenden, dass wir nie dachten, sie verkaufen zu können, doch weit gefehlt! Unser Jugendwart hatte die grandiose Idee, den Sechs- bis Zehnjährigen das Kuchenbuffet inkl. Kassa zu übergeben – ohne weitere Anleitung marschierten sie stolz durch die Reihen der Gäste und erklärten das Kuchenbuffet für eröffnet. In kürzester Zeit waren alle Kuchen verkauft!
Im nächsten Schritt solltet ihr die besonders engagierten und geeigneten Kinder als Helfer in den Kleinkinderturnstunden einsetzen. Zu Beginn vielleicht „nur“ bei einer Faschings- und Abschlussturnstunde, in weiterer Folge auch in den regelmäßigen Turnstunden. Einem Kleinkind die Hand beim Queren der Langbank reichen, darauf achten, dass es nicht von der Sprossenwand fällt, motivieren, dass es bei einem Spiel mitmacht: Es gibt unzählige Möglichkeiten, sie als Helfer und Helferinnen zu unterstützen. Zumeist reicht „das Anhimmeln als Vorturner“ der Kleinkinder als Belohnung aus, besonders stolz macht ihre eure Helfer, wenn ihr ihnen ein Vereinsleibchen übergebt, das sie als Vorturner auszeichnet. Ihr werdet sehen, sie tragen es stolz und unaufgefordert in jeder Turnstunde!
Sehr schnell werdet ihr merken, dass sie gern mehr Aufgaben und auch Verantwortung übernehmen wollen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, ihnen das nötige Werkzeug für das Vorturnen in die Hand zu geben. Der ÖTB bietet mit seiner TAK-Ausbildung Jugendvorturner-Startern und Jugendvorturnern ein umfassendes Ausbildungsprogramm, das genau auf die Bedürfnisse unserer Vereine abgestimmt ist. Neben fachlichem Wissen, richtigem Helfen und Sichern, aber auch allgemeinen organisatorischen Kenntnissen werden sie bestens auf ihre Aufgabe als Vorturner vorbereitet. Nebenbei ist dies für euch als Vereinsverantwortliche auch aus rechtlicher Sicht relevant, denn die Jugendvorturnerausbildung wird im Fall des Falles als geeigneter Befähigungsnachweis anerkannt.
Eine besonders wichtige, aber oft unterschätzte Aufgabe der Jugendvorturner ist der Kontakt zu den Eltern. Dieser entscheidet, ob und in welchem Umfang die Kinder eurer Turnstunden an Vereinsveranstaltungen und Wettkämpfen teilnehmen. Ist der „Draht“ zu den Eltern gut, reicht oft „ein Bitte um Unterstützung“, und viele Eltern stehen bereitwillig zur Verfügung. Das geht natürlich nicht gleich am ersten Tag, denn ein guter Kontakt will aufgebaut sein. Aber auch in diesem Bereich benötigen die Vorturner eure Unterstützung! Es ist ein Unterschied, in der Klasse ein Referat zu halten oder einer Gruppe von Eltern Informationen zu vermitteln. Es sind auch viele Kleinigkeiten, die zu beachten sind, aber manchmal übersehen werden. Dir sind sie aufgrund deiner Erfahrung selbstverständlich, aber diesen Erfahrungsschatz muss sich ein Jugendlicher erst erarbeiten. Deine Hilfe wird er gerne annehmen, und auch wenn die Scheu oft groß ist: Ein Bericht bei der Turnratssitzung, der Hauptversammlung oder ein paar Worte bei der nächsten Vereinsveranstaltung ermöglichen der Jugend das Sammeln von Erfahrungen und bringen so Sicherheit.
Hat euer Jugendvorturner einmal die Eltern begeistert, werden diese ohne weitere Aufforderung auch die anderen Eltern motivieren. Wie immer ist auch hier die Mundpropaganda die beste Werbung! Wenn es euch gelingt, und davon bin ich überzeugt, eure Jugend zur aktiven Mitgestaltung zu motivieren, ist es nur mehr ein kleiner Schritt, bis ein paar von ihnen bereit sind, „offiziell“ die Jugendarbeit in eurem Verein zu übernehmen. Für mich ist entscheidender, eine Gruppe im Verein (nebenbei gilt gleiches für den Landesverband und den Bund) zu haben, die Jugendarbeit macht und lebt, als einen Namen, der auf dem Papier steht!
Früher wurde der Turnwart als mannschaftlicher Führer im Verein gesehen, im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen haben der Jugendwart und die Jugendvorturner entscheidenden Einfluss, ob und wie sich euer Verein entwickelt. Wenn die Jugendarbeit gut funktioniert, wird in der Folge der gesamte Verein gestärkt und Eltern werden zu begeisterten und hilfsbereiten Mitgliedern.
Viele ÖTB-Vereine sind diesen Weg erfolgreich gegangen, sie unterstützen euch bei Bedarf gern mit der Weitergabe ihrer Erfahrungen. Auch als Vereine können wir also voneinander lernen und profitieren, wir müssen nur die Möglichkeiten des Gedankenaustausches nutzen!
In der nächsten Ausgabe der BTZ werde ich mir Gedanken zum Amt des Turnwartes machen. Ich freue mich auf deine Anregungen dazu, bin aber auch über alle anderen Rückmeldungen dankbar, egal ob zustimmend, ergänzend oder kritisch. Schreibt mir an bo@oetb.at oder ruft mich an!
Gut Heil!
Werner Schultes
Bundesobmann ÖTB